Kanzleien übergeben ist etwas anderes als ein Immobilienverkauf - Nachfolge in der Steuerbranche

Shownotes

In dieser Folge von lex'talk about tax sprechen Carola Heine und Olaf Clüver mit Anja Hendricks, Unternehmensberaterin mit über 30 Jahren Erfahrung in der Steuerberaterbranche. Ihr Schwerpunkt liegt auf der strategischen Begleitung von Kanzleien im Nachfolgeprozess.

Anja erklärt uns, warum eine erfolgreiche Nachfolge weit mehr ist als eine wirtschaftliche Transaktion. Sie spricht über emotionale Blockaden beim Loslassen, die wachsende Bedeutung von Teamkultur und Führungsverständnis sowie über die Herausforderungen, die durch Fachkräftemangel und fehlende Digitalisierung entstehen. Gleichzeitig macht sie Mut, neue Wege zu denken – etwa durch Tandemmodelle, kreative Finanzierungen oder gezielte strategische Vorbereitung.

Anja Hendricks
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Olaf Clüver: Herzlich willkommen, ich begrüße, wir begrüßen heute Anja Hendricks, die wir auf der Steuerberater Expo in Köln kennengelernt haben. Anja, erzähl uns doch mal kurz, was hast du auf diesem Branche-Event gemacht? Was war dein Ziel?

Anja Hendricks: Ja, mein Ziel ist, jedes Jahr, mich natürlich mit Wissen zu informieren, mit neuen Tools. Ich gehe sehr gerne in den Austausch. Ich tausche mich sehr gerne mit Steuerberaterkollegen aus und finde einfach es wahnsinnig interessant, mit all den Menschen an den Ständen auch in Kontakt zu treten. Und das ist eigentlich, ich bin Wiederholungstäter sozusagen.

Carola Heine: Du bist Unternehmensberaterin und man könnte auch Kanzleibegleiterin sagen. Das ist für uns natürlich vertrautes Terrain. Olaf berät und begleitet auch Kanzleien. Wir haben dich aber heute eingeladen, weil du auf ein ganz besonderes Thema spezialisiert bist, nämlich das Thema Nachfolge. Bevor wir da weiter ins Detail gehen, möchte ich dich bitten, dich ganz kurz vorzustellen in drei Fußnoten. Anja.

Anja Hendricks: Ja, drei Fakten zu mir. Ich bin im Ruhrgebiet geboren, ein Ropottkind. im Ruhrgebiet redet man nicht drum herum. Von daher, man sagt auch, da redet man tacheles. Die Tasse ist eigentlich ganz zutreffend. Hier steht drunter Klartext. Ich rede Klartext und pack auch sehr gerne mit an. Dann Punkt 2 oder Punkt 3 sogar, ich bin Wissensliebhaberin. Das heißt, ich lese unendlich gerne Sachbücher und Fachzeitschriften und ich liebe es, zu markieren, Randnotizen zu machen. Meine Bücher haben alle Eselsohren. Das Besondere ist, ich lese manchmal sogar zwei Bücher gleichzeitig und wenn ich eins sagen kann, ich werfe nie ein Buch weg und das Thema Buch Da habe ich tatsächlich Schwierigkeiten loszulassen.

Olaf Clüver: bist mit Carola in allerbester Gesellschaft. Mit mir eigentlich auch. Ich lese sie auch, nicht so wenig. Aber Frage ist, wie bist du irgendwann mal auf die Spezialisierung der Kanzlei nachfolge in der Steuerberaterbranche gekommen? Was war der Grundgedanke und was ist deine Idee?

Anja Hendricks: Ja, also ich habe 30 Jahre Erfahrung in der Steuerberaterbranche. Ich selbst habe in Kanzleien gearbeitet, also ich kenne sie von innen heraus. Ich habe, wie gesagt, als Mitarbeiterin, als Führungskraft, ich habe strategische Kanzleien mitbegleitet. Darüber hinaus habe ich in Kanzleien auch operativ mitgearbeitet und habe darüber hinaus unendlich viele Nachfragen begleitet, sowohl auf Mandantenebene als auch auf Kanzleiebene im Bereich der strategischen Begleitung im Nachgang. Was habe ich erlebt? Es gab gute Nachfolgen, es gab viele Nachfolgen, auch nicht so gut funktioniert haben. sehe Nachfolge ist ein wahnsinnig spannendes Thema. Ich sehe es nicht nur als wirtschaftlichen Prozess, sondern es ist viel mehr. Es ist eine Veränderung, es ist eine Transformation. Und ich sehe mich so bisschen als Botschafter, als Brückenbauer. ja, mein Antrieb ist am Ende des Tages, ich möchte gerne Kanzleien dabei unterstützen, ihr Lebenswerk zu veräußern und Kanzleien so attraktiv zu gestalten, dass Nachfolger sagen, ja, es ist doch eine gute Idee, nicht auf der grünen Wiese zu starten, sondern eine gute Kanzlei in anderen Funktionen auch zu übernehmen.

Olaf Clüver: Welchen Einfluss hat der Fachkräftemangel, deiner Erfahrung oder deiner Einschätzung nach, auf die Bereitschaft, Kanzlei zu übergeben oder zu übernehmen? Und wenn ja, welche Einflüsse sind das?

Anja Hendricks: Also wenn ich mal auf der Übergeberseite sehe, erinnere ich mich an viele Gespräche, dass Inhaber mit mir ins Gespräch gehen und sagen, naja, ist es denn überhaupt möglich, heute noch eine Kanzlei zu kaufen, wo ich sowieso schon den Fachkräftemangel selbst spüre, die hohe Arbeitsüberlastung. Und wie gelingt es auch den Übernehmer, dieses Personal dann zu halten? Auf der Nachfolgerseite sehe ich im Austausch mit jungen Steuerberatern, dass das schon ein Risikothema für Steuerberater ist. Ich sage mal, haben ja im Bereich der Kanzlei enormen Arbeitsdruck. Wir haben den Fachkräftemangel, der ist jeden Tag spürbar. Und junge Steuerberater fragen sich auch, wie kann es mir denn gelingen, wenn ich Geld für eine Kanzlei bezahle, eine Kanzlei kaufe, dass mir die Menschen folgen? Und wie kann ich auch? ⁓ vielleicht ein bisschen bei der Arbeitsüberlastung dem entgegenzuwirken, wie kann ich auch selber neue Talente finden. Das ist die große Sorge von beiden Seiten. Andere Perspektive aber treffen sich irgendwo in der Mitte.

Carola Heine: Es ist ja nur schlau, wenn jemand, jünger ist und noch nicht diese entsprechende Erfahrung hat, erstmal bisschen Gedanken macht, statt der Kopf über reinzuspringen. Das ist ja nicht dumm. Aber was würdest du denn sagen? Was sind denn die größten Stolpersteine? Kann man die identifizieren? Kann man sagen, das sind die für den Verkäufer oder Übergeber und das ist am schwierigsten für den, übernimmt. Kann man sowas auflisten für uns?

Anja Hendricks: Absolut. Ja, grundsätzlich, wenn ich beim Übergeber einfach mal starte, sehr oft häufig anzutreffen, emotional überhöhte Kaufpreise. Das eigene Lebenswerk, das überschätzt man auch sehr, deswegen ist da auch eine realistische Bewertung, der realistische Blick auf das, was ist die Kanzlei wirklich wert. Das Thema, was sehr emotional besetzt ist, ist am Ende des Tages auch das Loslassen. Inhabergeführte Kanzleien, auch kleine Kanzleien identifizieren sich wahnsinnig mit dem eigenen Lebenswerk. Und das ist auch absolut verständlich. Ja, Mandanten loslassen und am Ende des Tages auch das Mitarbeiter-Team. Wenn ich jetzt mal auf die Nachfolger-Seite gehe, auf die jungen Steuerberater, die Kanzleien übernehmen, fällt auch auf, dass sehr häufig unterschätzt wird. Also die Liebe, ich möchte gerne eine Kanzlei führen und man sich irgendwie auch infiziert, wie toll das auch alles ist, habe ich sehr oft die Erfahrung gemacht, dass der Blick in die wirtschaftlichen Zahlen, also die richtige Analyse, was habe ich hier für eine Kanzlei, welchen Preis bin ich auch bereit dafür zu zahlen. Da gehen nicht alle, aber schon sehr viele auch so ein bisschen unbedacht an die Sache. Viele kommen mit sehr viel Motivation und wollen vieles direkt neu machen, was total verständlich ist. Aber am Ende des Tages vergisst man manchmal auch, schauen, zu sehen, wie ist die Kultur, was ist gut, was hat sich in der Vergangenheit bewährt. Vor allem das Team sehen und das Team mitnehmen. Genau, und das passiert auch sehr häufig, leider nicht, und dann entstehen Konflikte und am Ende des Tages passiert da der große Schaden, nämlich wenn die Mitarbeiter nicht folgen. Und das Ausmaß kann man sich dann am Ende des Tages selber skizzieren.

Olaf Clüver: Hm. Dann hast du plötzlich eine Kanzlei, bist stolzer Besitzer eines ganzen Unternehmens ohne Mitarbeitende. Das ist dann natürlich unglücklich. Wie ist deine Einschätzung? Wie hängt die Verkaufbarkeit einer Kanzlei von dem Bestand der Digitalisierung und von den funktionierenden Prozessen ab? Gibt es da ein Augenmerk, wo die Käufer sagen, das ist mir zu wenig, das lohnt sich nicht?

Anja Hendricks: Genau. Genau. Vielen Hm. Ja, definitiv. Die zentrale Frage, eine nicht digitalisierte Kanzlei und wir reden nicht mehr von Digitalisierung, also wir scannen Dokumente ein, sondern wir sind ja heute schon bei Automatisierung und auch bei KI, also ist eine Kanzlei nicht digital? Und hat nicht die Mitarbeiterwahl. Eine Kanzlei, die nicht digital ist, hat auch einen Mitarbeiterstamm, was leider nicht über dieses Wissen verfügt. Und das sind halt die Wertetreiber. Also Mitarbeiter sind heute Assets. Und da ist auch der Blick, was können die und was bringen die mit, einfach auch die Kanzlei innovativ weiterführen zu können. Und diese Voraussetzung ist die nicht da. Natürlich gibt es immer wieder auch Steuerberater oder junge Steuerberater, die sagen, okay, dann gehe ich halt über den Kaufpreis. Dann ist am Ende des Tages die Frage, ja, wie viel ist die Investition wert? Da gehen die Meinung eigentlich auseinander, aber es wird schwer. Es wird sehr schwer.

Olaf Clüver: Ja,

Carola Heine: Es zieht... Olaf? Entschuldigung, mach du Olaf.

Olaf Clüver: Bei welcher Kanzlei Größe gibt es die größten Schwierigkeiten, eine Übergabe vernünftig zu gestalten? zu groß, zu klein, wo ist da die Range? Ich denke mal, bei Riesenkanzleien wird es ja im Prinzip auch schon eine gesellschaftliche Nachfolgeregelung in irgendeiner Form geben, wenn mehrere Partner drin sind. Aber wo, siehst du immer wieder, ist es besonders schwierig.

Anja Hendricks: Ja, ich schaue da absolut auf die Kanzleien, Einzelkanzleien, die fünf, zehn Mitarbeiter haben. Manche Kanzleien haben natürlich vielleicht auch ein mehr Mitarbeiter, Partnerschaften, da sehe ich das tatsächlich besser. Warum sind Einzelkanzleien in der Zukunft schwer veräußerbar? Bei der jüngeren Generation, und wir sprechen ja Generation Y an, und Z folgt irgendwann. Die wollen schon Verantwortung übernehmen, der Tat. Was sie aber nicht wollen, sie wollen nicht alleine gerne die Verantwortung übernehmen und auch das Risiko tragen. Ich meine, wie ich gerade auch schon sagte, der Druck ist in der Kanzlei sehr groß und der Trend geht zu Tandemlösungen hin, zu idealen anderen Lösungen, wo man einfach kreativ ist und die gibt es tatsächlich schon und werden schon gelebt. Ich habe viele Kanzleien begleitet, die tatsächlich eine Kanzlei übernommen haben. aber zu zweit. Und die zentrale Frage ist, warum Einzelkanzleien, Digitalisierung haben wir ja gerade angesprochen, Mitarbeiter auch, Mandantenstamm und insbesondere wenn die Inhaberabhängigkeit stark gegeben ist, dann wird es sehr schwer. Weil der Käufer, der stellt sich natürlich die Frage, mit welcher Sicherheit kann ich davon ausgehen, dass auch die Mandanten bleiben.

Carola Heine: meinst, wenn alle Mandanten praktisch nur an Bord sind, weil sie ein gutes Verhältnis zu dem Steuerberater oder

Anja Hendricks: Ja, genau, wenn ich keine zweite mittlere Ebene habe oder auch keine Teamleiterfunktion Sonstiges, bündelt sich das oben an der Spitze. Das heißt, der Steuerberater trifft sämtliche Entscheidung. Er hat, wie gesagt, die enge Mandantenbindung und das ist ein so hohes Risiko, dass man sich gut überdenken sollte.

Carola Heine: Wenn jetzt jemand eine Person wie dich beauftragt als Kanzleibegleiterin für so eine Nachfolge, ist ihnen dann klar, dass sie ein emotionales Thema mit dem Loslassen haben oder kommt das erst so im Laufe der Zusammenarbeit für die auch so sichtbar raus?

Anja Hendricks: Mhm. Ich glaube, ist denen nicht ganz so klar. Man hört das immer wieder. Ganz klar ist den Kanzleiinhabern, die wissen schon, ich lese sehr viel auf LinkedIn immer, dass sie müssen, ihr müsst, ihr müsst. Denen ist schon klar, was passiert, wenn nichts unternommen wird. Aber das Loslassthema und in die ersten Schritte zu gehen, das liegt im Verborgenen.

Carola Heine: Also die merken erst praktisch, wenn sie in der Übergabe sind, wie schwierig das eigentlich für sie ist emotional, weil vorher war das eine rein wirtschaftliche Entscheidung und auf einmal ist es das dann doch nicht. Kann das ein richtiges Problem werden? kann das eine Nachfolge stoppen, verhindern oder nochmal in ganz andere Bahnen leiten, wenn das jemand mittendrin merkt oder gibt es auch noch andere Faktoren, kulturelle Faktoren, Kanzleikultur?

Anja Hendricks: Genau. Genau. Ja. Loslassen ist ein Thema. Vor einigen Jahren habe ich eine Kanzlei begleitet, da ist genau das eingetreten. in eine Partnerschaftsgesellschaft eingetreten. Zwei ältere Gesellschafter wollten altersbedingt dann irgendwann aussteigen, also Step in, Step out. Einer ist ausgetreten, der konnte fantastisch loslassen, nur der andere Gesellschafter nicht. Man hat leider dann auch damals, den Fall habe ich nicht von Anfang an betreut, vergessen auch wirklich sich zu committen und wirklich auch einen Fahrplan zu haben. Wie regeln wir denn diesen Austritt? Ja, der ist nicht aus dieser Kanzlei getreten. Es war nicht möglich, dass der Inhaber in die Mandantenbeziehung reingekommen ist und es war am Ende des Tages eine schwere Last. Ja, auch diese Konstellation gibt es.

Carola Heine: Ups.

Olaf Clüver: Würdest du... Würdest du sagen, du die Erfahrung, dass es bei Steuerkanzleien komplizierter ist, als bei anderen Unternehmen eine Nachfolge zu regeln? Oder hast du da vielleicht Erfahrungen, dass das generell immer schwierig ist?

Anja Hendricks: Hmm. Also ich glaube, aufgrund der jetzigen Lage wird es grundsätzlich schwierig werden Unternehmen im Mittelstand zu verkaufen oder auch Kanzleien. Keine Frage. Die Frage stellt sich gar nicht. Ich glaube, die Frage ist, finden wir überhaupt noch die Nachfolger, die auch passen? Ja, und wo passt die Kanzlei zu welchen Nachfolger? Es wird schwierig werden, aber ich bin da optimistisch, weil ich da einfach auch eine enorme Chance sehe. Es werden nicht alle Kanzleien verkauft werden können und es werden nicht alle Unternehmen verkauft werden. Aber alle die, die sich heute frühzeitig vorbereiten, strategisch vorgehen, sich wirklich überlegen, was sind die ersten Steps, die haben eine Chance am Markt. Die, die aber heute sagen, ach, ich mache zu, dann okay. Dann ist es aber auch eine Entscheidung.

Olaf Clüver: Du hast eben schon erwähnt, dass Mitarbeitende Assets sind, die bei einer Übernahme eine enorme Rolle spielen. Kann man so weit gehen zu sagen, das ist hinterher das Schlüsselthema bei einer Übernahme. Wie ist das Team?

Anja Hendricks: Absolut, Da ist Teamspirit, Zusammenhalt, der Ausbildungsstand, Alter des Teams, vielleicht noch Spezialteam, die vielleicht Mitarbeiter dann auch umsetzen können. Das ist eine definitiv, also Investoren, Käufer schauen in erster Linie. Früher war immer Mandantenstamm, das gilt schon lange nicht mehr. Heute ist der erste Blick ins Mitarbeiter.

Olaf Clüver: Dann stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten haben Übernehmende, das Team für sich zu gewinnen, dass sie dann auch folgen? Was sind die 1, 2, 3 absoluten Must-Haves in dem Verhalten des Übernehmenden, das Team für sich zu gewinnen?

Anja Hendricks: Ganz wichtig ist, wenn jemand in eine Kanzlei eintritt, in eine Partnerschaftsgesellschaft zum Beispiel, dass man sich auf jeden Fall der Rolle klar wird. Also welche Rollen will man einnehmen? Welches einheitliches Führungsverständnis haben wir? Wie wollen wir zukünftig führen? Und sicherlich gibt es Unterschiede zwischen Generation Y, also die Jungsteuerberater und die, die jetzt abgeben, die Babyboomer. Da muss ein einheitliches Führungsverständnis her. Und der Abgebende muss vertrauen. Das ist zentral wichtig. Wichtig ist auch, dass der Übernehmer, wie ich gerade im Eingang schon sagte, nicht sofort alles neu macht, sofort. Sich die Zeit gibt, zu schauen, die Menschen kennenlernen, die Mandanten kennenlernen, fragt. Was ist gut? Was könnten wir vielleicht optimieren und gemeinsam das Team mitnehmen? Und das braucht eine Teamvision. Und meine Erfahrung ist, wenn das gut gemacht wird, dann folgen auch die Mitarbeiter.

Carola Heine: Das ist bestimmt für viele ein großes Umdenken, weil ja doch ganz viele Kanzleien noch, sag ich mal, straffe Hierarchien haben. Aber es macht natürlich auch den entscheidenden Unterschied, ob man auf die Menschen eingeht und nicht nur auf die eigenen Wünsche. Klar, apropos auf Menschen eingehen. Du hast von uns Post bekommen, da war auch ein Umschlag drin, richtig? Hast du den noch?

Anja Hendricks: Richtig! Der war so schön gold. Ja, hier ist er!

Carola Heine: Magst du den mal aufmachen?

Anja Hendricks: Mhm, okay. Da ist nichts drin. Da ist nichts drin. Dann stelle ich die Frage. Nein, Wann Spaß? Ja, okay. Interessant.

Carola Heine: Ich weiß nix drin. Nichts. Okay.

Anja Hendricks: Also, ich stelle die Frage an Carola.

Carola Heine: Okay, Olaf entspannt sich. Olaf entspannt sich schlagartig, weil ich dran bin.

Anja Hendricks: Perfekt! Und die Frage ist wirklich wichtig, die interessiert mich wirklich. Woran unterscheidet sich Content Marketing von herkömmlichen Marketing, Carola?

Carola Heine: Okay? unterscheidet sich in der strategischen Ausrichtung, dass man hingeht und sagt, ich zeige mich durch die Dinge, die ich tue, statt durch platte Werbung. Ich mache keine Werbeanzeige, wo ich mein Produkt hochhalte oder meine Kanzlei in einem Video zeige, sondern ich mache Inhalte, die zeigen, wie die Kultur ist, dieses Show, don't tell im Storytelling. Ich benutze verschiedene Formate von Video über Text, über Blog, über Audio, über Podcast. zu zeigen, in welches Umfeld sich meine Kunden begeben, statt einfach nur Features und Vorteile aufzulisten. Denn das wird, wie man sich vorstellen kann, sehr schnell sehr langweilig und sehr alt. Und Content Marketing heißt so, weil Inhalte im Internet Content heißen und man möglichst viele Plattformen mit sich ähnelnden, aber nicht identischen Inhalten spielen sollte, überall sichtbar zu sein.

Anja Hendricks: Ciao

Olaf Clüver: Simon Zinek hat das vor Jahren mal wunderbar auf den Punkt gebracht. Die Menschen interessieren sich nicht dafür, was du tust, sondern warum du es tust. Und das ist, glaube ich, der ganz große Unterschied. Also das, was Carola sagte, platte Werbung ist, das mache ich. Ich habe das, das, das, das, das. Und Content-Marketing ist, was treibt dich an? Warum stehst du morgens auf und warum sollte das jemand interessieren? Das ist wieder ein Zitat von Simon Zinek. Ich weiß. Aber ich... Das zum Beispiel ein Buch, das hab ich drei oder viermal gelesen, einfach auch weil es sensationell zu lesen ist und weil man unglaublich viel daraus lernen kann und noch 10, 15, 20 Jahre später, keine Ahnung, kannst du da einen Haken hinter machen, das stimmt.

Anja Hendricks: Absolut. habe durch den Schritt, den ich jetzt gegangen bin, mich selber sozusagen einfach mal beraten lassen im Coaching und habe nach dem Golden Circle genau das auch noch mal herausgearbeitet. Da bin ich natürlich auch auf Unternehmensnachfolge gekommen, weil das tatsächlich auch dabei rumgekommen ist.

Carola Heine: Das ist für Steuerkanzleien als potenzielle Arbeitgeber natürlich spannend. Die sind früher mal daran gewöhnt gewesen, die Stellenanzeige mit den Benefits aufzulisten. Und dann sind die Leute gerannt gekommen. Und jetzt muss man sich im Content Marketing als Recruiting, als Employer Branding in die Lage der Suchenden versetzen. Und die haben zunächst mal eine große Auswahl, sind in einem Markt des Mangels der Fachkräfte und haben auch ein paar Wünsche und Anforderungen. Das ist für manche eine Neuigkeit. Und da muss man halt die die Art und Weise, wie man seine eigene Stelle anpreist, an den Leuten ausrichten und nicht an sich selber. Das Ende der Einkaufszettel auf den Stellen anzeigen und dann mehr die flexible Kanzlei, die sich freut, wenn motivierte junge Menschen bei ihnen arbeiten wollen. Die muss ganz anders angesprochen werden. Egal, was ich vorhabe. Wie werben eigentlich Kanzleien dafür, wenn sie Kanzlei verkaufen?

Anja Hendricks: Ja. Es gibt unterschiedliche Wege. Es gibt die klassischen Kanzlei-Vermittler. Die meisten gehen bezahlte Werbung. Es gibt natürlich die Dativ-Plattform. Im Austausch mit einigen Kollegen waren sie dort auch erfolgreich, aber auch durch die Kanzlei-Vermittlung klassisch. Und am Ende des Tages im Netzwerk. Viel geht im Netzwerk auch. Also wenn ich sehe meine Kontakte und wenn ich sage, ok, ich hätte hier ein perfektes Match. dann geht das auch über Netzwerk tatsächlich, also über die Vernetzung. Ist natürlich ein total sensibles Thema, da geht man natürlich nicht direkt raus, aber das funktioniert auch.

Olaf Clüver: Reden wir mal über Geld, weil das wird in Kanzlei über Namen irgendwann früher oder später wahrscheinlich eine Rolle spielen. Braucht es noch die klassischen Bankmodelle oder wird Finanzierung mittlerweile auf unterschiedlichen Wegen abgewickelt? Und welche könnten das sein?

Anja Hendricks: Okay. Bankmodelle wird es immer geben. Ich sage mal von Förderbanken oder auch Hausbanken. Natürlich braucht es auch andere Modelle. Gewinnbeteiligung. Da gibt es unterschiedliche Arten. Da kann man sehr kreativ sein. Die Frage ist, inwieweit sind Kanzleien bereit, kreativ zu denken? Ich glaube, Der Anschluss ist da und da gibt es schon die ersten kreativen Ideen.

Carola Heine: Rechnet dann auch jemand dadurch, was eine Kanzlei wert ist, anhand verschiedener Kriterien? Oder gar sagt dann jemand, hier ist mein Herzblut, meine 28 Jahre und meine 300 Mandate? Oder sind es auch wirklich wirtschaftliche Berechnungen, die da zugrunde liegen?

Anja Hendricks: Eingangs sagte ich ja, es ist manchmal schon ein emotionaler Preis. Wie viel Zeit steckt da drin? So viele Jahre dafür gearbeitet. Es wird natürlich immer angeraten, eine Bewertung vorzunehmen, definitiv. Wobei die Bewertung ist nur eine Orientierung. Am Ende des Tages ist der Preis, den der Käufer zahlt. Und idealerweise finden beide Seiten sich in dem Kaufpreis wieder, was für beide Seiten stimmig ist.

Carola Heine: Wenn jetzt jemand bisher in einer Kanzlei angestellt war, jüngere Leute, die jetzt aber sagen, so ist für Zeit, eigenen Weg zu gehen. Also einmal müssen die natürlich heutzutage viel unternehmerischer denken als die Generationen vorher. Aber was sollten denn so potenzielle Kanzleiübernehmende noch alles beachten, wenn sie sich zum ersten Mal selbstständig machen? Begleitest du diese Prozesse auch? Wie sind denn deine Erfahrungswerte? Was ist denn da wichtig?

Anja Hendricks: Ja, ich zuletzt jetzt zwei junge Steuerberater begleitet. Da ging es erstmal die erste Frage, wie stelle ich mir das grundsätzlich vor? Wie soll meine ideale Kanzlei aussehen? Wo will ich für mich den Schwerpunkt legen? Welche Größe kommt für mich in Frage? Kommt für mich in Frage, will ich es alleine oder will ich doch in einer Art Tandem unterwegs sein? Welche Struktur möchte ich und vor allen Dingen ist auch die Frage, möchte ich? zukünftig Wachstum oder möchte ich einfach nur eine ganz kleine Kanzlei, kleines Team haben? Die gibt es tatsächlich auch noch. Dann ist die Frage, wie bereitet man sich vor? Auf jeden Fall vorher sich über, wenn ich sage Risiko, sich darüber auseinanderzusetzen. Was bin ich bereit? Welchen Kaufpreis möchte ich zahlen? Und bringe ich genug Kapital mit und kläre vorher, in welcher Art und Weise, in welcher Höhe die Finanzierung stattfindet und dann sich auf den Weg zu machen, Kanzleien zu suchen. In dem Coaching oder in der Beratung, ich mit den Steuerberatern dann auch durchführe, reden wir natürlich auch, was sind meine Werte, was sind meine Charaktereigenschaften, welche Menschen passen zu mir und das wird halt alles dann auch erarbeitet, welche Kompetenzen habe ich und dann hat der Gründer oder der Nachfolger am Ende des Tages von sich auch ein ganz tolles Profil und weiß genau, welche Kultur passt.

Olaf Clüver: Beobachtest du eine Entwicklung hin zu anderen Formen der Zusammenarbeit? Zum Beispiel Partnerschaften, Zusammenschlüsse oder keine Ahnung, so eine Art Franchise-System oder gibt es so etwas? ist das im Trend?

Anja Hendricks: Hm. Ja, also ein Trend, der schon gelebt wird. meine, also es werden immer mehr in Zukunft Investoren in den Markt eintreten, wie wir das jetzt zuletzt, ich glaube, vor einigen Monaten auch erlebt haben. Diese werden aber wahrscheinlich mehr sich an große Kanzleien richten, an mittelgroße. Es wird wahrscheinlich Trotzdem große Kanzleien geben, die gute kleine Kanzleien übernehmen werden, die dann gute Prozesse haben, wo einfach auch die Diffusion sehr gut funktioniert. Spannende Modelle finde ich, jetzt eine Kanzlei, die haben sich gemeinsam Büroräume angemietet. Jeder wollte für sich arbeiten, haben aber nutzen die Infrastruktur, also ein Backoffice, was geteilt wird. Und jeder hat so seine eigene Spezialisierung und es ist eine fantastische Zusammenarbeit. andere Modelle, wie gesagt alles was mit Tandem ist, also Partnerschaftsmodelle, die werden meines Erachtens weg von Einzelkanzleien. Geteilte Verantwortung.

Carola Heine: Das ist natürlich super spannend, weil es ist eigentlich für Gründungen nicht so wahnsinnig üblich. Also entweder gehen die gleich zusammen in ein Boot und sind dann eine gemeinsame Firma, aber partnerschaftlich die Infrastruktur teilen, aber ansonsten das eigene Ding machen, kommt in anderen Branchen nicht so oft vor. Da mietet man eine Büroraum und nutzt den, aber diese Synergien, würden sich dann ja auch so Sachen wie Werbung und Außenauftritt und so ja auch beziehen. Das ist ja auch

Anja Hendricks: Genau. Auch. Genau.

Carola Heine: Also er fordert ja auch Abstimmung auf einem Niveau, was vorher so nicht nötig war. Was glaubst du, abgesehen davon, wir wissen alle, wie wichtig es ist, dass das digital gearbeitet wird, also zukunftsfähig gearbeitet wird, wettbewerbsfähig gearbeitet wird, in vielen Fällen rechtskonform digital gearbeitet wird, aber was glaubst du, wird sich beim Thema Nachfolge in den nächsten fünf bis zehn Jahren ändern?

Anja Hendricks: Die Passung ist wichtig in dem Fall auch.

Carola Heine: Wird sich da was ändern oder läuft das jetzt erstmal so weiter? Was sagst du?

Anja Hendricks: Hmm... Es wird sich definitiv was ändern. Ich glaube es wird strategischer, weil es werden jetzt all die Erfahrungen gesammelt, wie viele Kanzleien vielleicht nicht übergeben werden. Ich glaube wir werden mehr größere Kanzleien haben, Zusammenschlüsse. Da wird wahrscheinlich im Bereich der Unternehmensstrategie Nachfolge gleich mitgedacht. Ich glaube, es wird sich verändern und es wird nicht schwarz werden und ich glaube, jeder Herausforderung entsteht eine Chance.

Olaf Clüver: Das sind doch mal kernige Abschlussworte. Denn wenn ich mit einem leichten Blick auf die Uhr sehe, dass wir leider schon wieder viel zu schnell durch sind. Ja, ist irre, oder? Aber das liegt dann daran, dass es wirklich wieder mal eine sehr, sehr kurzweilige Folge war mit vielen interessanten Informationen. Man sieht und hört, dass du wirklich für dieses Thema brennst und dich da echt extrem tief eingearbeitet hast. Und ...

Carola Heine: Das klingt doch gut.

Anja Hendricks: Wahnsinn! Total!

Carola Heine: Ja.

Olaf Clüver: Mir bleibt es, dir zu sagen, vielen herzlichen Dank für deine wichtigen Insights. Und sollte sich das wahrscheinlich eher als in den nächsten fünf bis zehn Jahren noch mal zu einem Gesprächsthema entwickeln, werden wir dich sehr gerne wieder einladen und würden uns freuen, wenn du dieser Einladung noch mal folgst.

Anja Hendricks: Auf jeden Fall!

Carola Heine: Bis dahin sehen wir dich sehr gerne auch auf jedem beliebigen Branche-Event. Der Olaf ist sowieso offensichtlich überall und ich auf der Tuxerina, wenn du da mal vermeidest.

Anja Hendricks: Da sehen wir uns, da bin ich definitiv.

Olaf Clüver: Das hört sich doch schon mal gut an. Und an alle Zuhörerinnen und Zuhörer, wenn euch diese Folge gefallen hat, dann gerne liken, gerne weitergeben oder abonnieren. Da freuen wir uns immer sehr drüber, denn wir machen das hier ja nicht zum Spaß, sondern wir wollen ja natürlich auch publik machen. Genau, vielen herzlichen Dank und eine gute Zeit.

Carola Heine: Danke dir Anja

Anja Hendricks: Vielen Dank!

Olaf Clüver: Bis dann, tschüss.

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